Ein Orchestermitglied erzählt

Letzten Sommer war ich mit einer chinesischen Freundin nach China gereist, um dort für Kinder Konzerte zu spielen, die sonst nicht die Möglichkeit haben, mit klassischer Musik in Kontakt zu kommen. Die Kinder durften auch auf unseren Instrumenten spielen und wir haben viele Geschichten erzählt. Wenn ich die nötige Unterstützung hätte, würde ich diese Projekte weltweit machen.

„Jedes noch so kleine Konzert ist wichtig! Spiel’ immer so gut du kannst. Du weißt nie, wer zuhört“, hat einer meiner Lehrer immer zu mir gesagt. Es ist wahr. Vor zwei Jahren habe ich bei einer Jubiläumsfeier vor zehn Leuten gespielt. Danach kam ein Herr zu mir und sagte: „Ich habe eine Guarneri, und ich möchte, dass Sie sie spielen.“ Jetzt habe ich eine Guarneri.

Die peinlichsten Momente im Studium sind wohl die, wenn man im Unterricht den Violinkasten öffnet und sieht, dass man sein Instrument zuhause liegen gelassen hat…

Christoph Schlüren, der Dirigent, möchte, dass wir mit unseren Instrumenten singen. Nur dann lebt die Musik.

Christoph Schlüren hat sich ganz genau Gedanken gemacht, wen er in diesem Streicherensemble mitspielen lässt. Es herrscht eine super Atmosphäre zwischen den Musikern, weil jeder weiß, was er kann und es nicht nötig hat, schlechte Stimmung verbreiten zu müssen. Wir geben alle unser BESTES, weil es anerkannt wird und wir es sehr genießen, mit so vielen ganz besonderen Musikern zusammen wunderschöne Klänge erzeugen zu dürfen.

Wenn jemand sich verspielt, lacht der Pultnachbar einmal zu einem rüber, und man wird den selben Fehler sicher nicht wiederholen. Das ist doch die angenehmste Art, zu wachsen!

In den Proben sitzt jeder Einzelne immer mit wachen Augen da, und nimmt alles auf, was passiert. Die Arbeit macht auch nie müde, weil wir so viel positive Energie zurückbekommen. Es kommt auch vor, dass Christoph Schlüren sagt „Schluss für heute“ und wir einfach weiter machen.

Die hoch konzentrierte Stimmung wird manchmal sehr angenehm unterbrochen, wenn jemand einen witzigen Spruch einwirft. Z.B. sollten wir einmal alle gleichzeitig auf einem a-Moll-Akkord improvisieren, um die Stimmung von Arvo Pärts Kompositionen besser fühlen zu können. Christoph Schlüren unterbricht kurz, macht einen Vorschlag, will den Einsatz zum Weiterimprovisieren geben und jemand fragt wie gewohnt (aber diesmal grinsend): „Bei welchem Takt fangen wir an?“

Hier ist alles möglich… Ich habe gerade zufällig erfahren, dass ich seit Tagen neben jemandem sitze, der zwölf Jahre bei den Berliner Philharmonikern war…



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